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Twitter.com/ Laura Southern

In der schwedischen Stadt Malmö wurden im November und Dezember letzten Jahres drei Gruppenvergewaltigungen begangen (Unzensuriert berichtete). Die Polizei hat noch immer in keinem dieser Fälle Verdächtige.

Anfang Februar 2018 geschah mutmaßlich eine weitere derartige Tat in Malmö. Die Täter setzten eine Frau unter Drogen und entführten sie in ein Lokal im Stadtteil Lindängen. Dort wurde sie von mehreren Tätern vergewaltigt. Wie lange die Übergriffe andauerten, wurde nicht bekannt. Über das Opfer wurde nur berichtet, dass es über 18 Jahre alt ist.

Die Polizei hat in diesem Fall sieben Tatverdächtige ermittelt. Alle sind Burschen im Alter von 13 bis 16 Jahren. Genauere Angaben zu den Tätern wurden in keinem Medium veröffentlicht. Zwei Tatverdächtige im Alter von 15 und 16 Jahren wurden verhaftet, allerdings nur für kurze Zeit. Die Staatsanwältin vertrat die Ansicht, dass Jugendliche unter 18 Jahren nicht in Haft sitzen sollten. Daher sind die beiden mutmaßlichen Vergewaltiger nun in einem Pflegeheim für „Jugendliche mit ernsten psychosozialen Problemen“ untergebracht, mit dem Ziel, ihnen zu „helfen“.

Die Haltung, dass jugendliche Sexualstraftäter hilfsbedürftige Opfer seien, tritt in Schweden immer wieder zu Tage. Unzensuriert berichtete bereits mehrmals über derartige Fälle. Auch bei der jüngsten Gruppenvergewaltigung in Malmö im Februar zeigte sich in einem Beitrag des schwedischen öffentlichen Rundfunks SVT diese Ansicht. Die Täter werden darin sogar wörtlich als Opfer bezeichnet.

Die Sprecherin sagt in dem Beitrag:

[…] Weil die Verdächtigen unter 18 Jahre alt sind, werden die sozialen Behörden eingeschaltet. Dort sieht man, dass Jungen, die solche Verbrechen begehen, oft auch selbst als Opfer betrachtet werden können.

Danach kommt ein Sektionschef des Sozialdienstes in Malmö zu Wort:

Wie immer, wenn Kinder schreckliche Dinge tun, wie Verbrechen oder anderes normverletzendes Verhalten, sehen wir beim Sozialdienst, dass die Kinder immer auch Opfer sind, in gewisser Weise.

Außerdem kommt eine Polizistin zu Wort, welche die Täter ebenfalls in Schutz nimmt:

Sie bedenken nicht immer, dass sie ein Verbrechen begehen. Sie sehen es mehr als etwas, das geschieht.

Aktivist Joakim Lamotte protestiert energisch

Doch nicht alle Schweden wollen Vergewaltiger als Opfer dargestellt sehen. Joakim Lamotte, Aktivist gegen sexuelle Gewalt, übte in einem Video heftige Kritik an dem Beitrag von SVT:

Die Übersetzung seiner Videobotschaft lautet:

Nun wurden alle Grenzen des Anstands überschritten. Ihr wisst von der Gruppenvergewaltigung in Malmö, bei der sieben Burschen von der Polizei aufgegriffen wurden, die verdächtigt werden, ein Mädchen unter Drogen gesetzt und zehn Stunden lang in der Gruppe vergewaltigt zu haben. SVT hat sich entschlossen, nach Malmö zu fahren und einer Reportage darüber zu drehen. Hören wir uns an, was die Reportage zu sagen hat […]

Hier haben wir also einen Journalisten, den Sozialdienst und die Polizei, die während dieses Beitrags das Mädchen mit keinem Wort erwähnen. Aber sie wiederholen die ganze Zeit, dass diese Typen Opfer sind. Wie zum Teufel kann man das verstehen? Ist es überraschend, dass wir die Gruppenvergewaltigungen nicht in den Griff bekommen, wenn wir solche Leute in Machtpositionen haben? Das hier ist völlig unsinnig. Wir müssen aufhören, diese verdammten Schweine zu verhätscheln, und die Berichte der Frauen ernst nehmen. Dieser Beitrag war das Schlimmste, das ich seit Jahren gesehen habe. Schämt euch, zum Teufel!

Wie die meisten von Lamottes Beiträgen ist auch dieses Video im Internet sehr populär. Es wurde über 1,1 Millionen mal angesehen und 17.000 mal geteilt. Die Zahl an zustimmenden Kommentaren ist unüberschaubar.

Neben Joakim Lamotte kritisierte auch eine Kommentatorin in der Zeitung Göteborgs Posten den Beitrag von SVT. Ihre Kritik war ebenfalls, dass die Perspektive des tatsächlichen Opfers zu kurz kommt, sowie dass der Vertreter des Sozialdienstes sagte, die minderjährigen Täter seien „immer Opfer“.

SVT reagiert: „Betroffene Frau“ soll in Zukunft auch berücksichtigt werden

Der verantwortliche Redakteur des SVT-Beitrags reagierte mit einer Nachricht an Joakim Lamotte, die dieser ebenfalls auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte:

Wir wollten mit diesem Beitrag darauf hinweisen, dass die mutmaßlichen Täter jung sind. Wir haben die Polizei und den Sozialdienst interviewt, damit diese ihre Sichtweise wiedergeben.

Unsere Absicht war niemals, die angezeigte Gruppenvergewaltigung herunterzuspielen. Diese ist ein sehr schweres Verbrechen, über das wir früher berichtet haben.

Im Nachhinein sehe ich ein, dass es besser gewesen wäre, die Perspektive der betroffenen Frau miteinzubeziehen. Wir werden unsere Berichterstattung durch genau diese Perspektive vervollständigen.

Auch die Kommentatorin des Göteborgs Posten erhielt eine Stellungnahme des Redakteurs mit ähnlichem Inhalt. In dieser Nachricht wurde auch darauf hingewiesen, dass SVT in der Vergangenheit oft die Perspektive des tatsächlichen Opfers berücksichtigt habe.

In neuem Artikel wird auch die Perspektive der echten Opfer berücksichtigt

Nach dieser Kritik veröffentliche SVT einen Artikel, in dem es um die Situation von Vergewaltigungsopfern geht. Zusätzlich wurde bei einem früheren Artikel, in dem die Vergewaltiger als Opfer dargestellt werden, folgender Hinweis angebracht:

Fußnote. SVT Nachrichten Schonen hat auch einen neuen Artikel mit dem Fokus auf weiblichen Vergewaltigungsopfern publiziert.

SVT hinterfragt jedoch auch in dem neuen Artikel in keiner Weise die Praxis, Vergewaltiger als Opfer zu beschreiben. Auch in dem früheren Artikel werden die Aussagen von Behörden, dass Vergewaltiger Opfer seien, unhinterfragt stehen gelassen.

 

Weiterlesen: https://www.unzensuriert.de/content/0026579-Schwedische-Sozialbehoerde-Minderjaehrige-Gruppenvergewaltiger-sind-immer-auch-Opfer

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