News

Regierung widersetzt sich bindendem Parlamentsbeschluss für Steuertransparenz

Regierung blockiert damit EU-Einigung gegen Steuervermeidung

Die Bundesregierung widersetzt sich auf EU-Ebene einem bindenden Parlamentsbeschluss für mehr Steuertransparenz für Konzerne, kritisieren Attac und das Wiener Institut für internationalen Dialog und Kooperation, VIDC.

Wie Attac und dem VIDC vorliegende E-Mails belegen, bestätigen hochrangige Beamte der Ständigen Vertretung Österreichs in Brüssel, dass die Regierung eine entsprechende EU-Einigung weiterhin ablehnt – und das, obwohl ein verbindlicher Beschluss des Parlaments unmissverständlich zum Gegenteil verpflichtet. (1) Damit verhindert die Regierung, dass ein entsprechender Beschluss in Brüssel auf die Tagesordnung gesetzt wird.

„Es ist völlig inakzeptabel, dass sich das zuständige Finanzministerium wissentlich über das Parlament hinwegsetzt, damit Konzernsteuertricks weiter in Dunkeln bleiben können – gerade in Zeiten wo Unternehmen eventuell Staatshilfe beantragen“, kritisieren David Walch, Attac, und Martina Neuwirth, VIDC. "Wenn Bundeskanzler Kurz – wie in seiner gestrigen Rede angekündigt – wirklich verstärkt gegen ungerechte Steuermodelle von Konzernen vorgehen will, muss seine Regierung mehr Steuertransparenz ermöglichen."

Österreichs Stimme ist entscheidend

Die Entscheidung für mehr Steuertransparenz für Konzerne liegt auf EU-Ebene bereits seit Jahren auf Eis. Würde Österreich die jahrelange Blockade endlich aufgeben, wäre der Weg dafür frei. Denn am 28. November 2019 verfehlte ein entsprechender Beschluss im EU-Wettbewerbsrat nur um eine Stimme die erforderliche qualifizierte Mehrheit unter den EU-Staaten.

Steuertransparenz hilft gegen Steuervermeidung

Durch öffentliche länderweise Berichte (public country-by-country reporting, pCBCR) müssten Konzerne unter anderem veröffentlichen, wie viel Gewinn sie wo verbuchen und wie viel Steuern sie bezahlen. „Die würde der Öffentlichkeit nicht nur wichtige Informationen über den Steuerbeitrag von Unternehmen liefern, sondern Steuervermeidung sogar unmittelbar eindämmen “, erklärt Walch.

Entwicklungsländer würden stark profitieren – in Zeiten der Corona-Krise nötiger denn je

Besonders Entwicklungsländer leiden unter der Steuervermeidung multinationaler Konzerne. Sie würden daher stark profitieren, wenn alle in der EU tätigen Großunternehmen über ihre Steuerzahlungen berichten müssen. „Gerade die ärmsten Länder benötigen in der Corona-Krise mehr Budgeteinnahmen, um die Gesundheitskrise bewältigen zu können. Auch deshalb muss die österreichische Regierung öffentlichen länderweisen Berichte auf EU-Ebene endlich zustimmen“, erklärt Neuwirth. (2)

---

(1) Der – mit den Stimmen von SPÖ, Grünen und FPÖ angenommene – Antrag des EU-Hauptausschusses vom 11. Dezember 2019 verpflichtet die Bundesregierung auf europäischer Ebene für Steuertransparenz für Konzerne zu stimmen und „eine weitere Verzögerung des Verfahrens zu verhindern“. Er ist für die Regierung bindend.

Dementgegen bestätigt die Ständige Vertretung Österreichs in Brüssel in einem E-Mail, dass sich die Position des Finanzministeriums seit der ablehnenden Abstimmung vom 28. November 2019 nicht geändert hat.

(2) In Afrika erhalten bisher nur Mauritius, die Seychellen und Südafrika automatisch Steuerdaten aus anderen Ländern. Die anderen Staaten können die strengen Auflagen für einen solchen Austausch zwischen den Behörden aus finanziellen und Kapazitätsgründen
noch nicht erfüllen.