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Symposium: „Demokratischer Rechtsstaat am Ende?“ (YouTube Screenshot)

Wir haben bereits auf dieses wichtige in Wien stattgefundene Symposium der „Plattform Meinungs- & Redefreiheit – Zusammenschluß zur Verteidigung des Fundaments der Demokratie“ hingewiesen, das gemeinsam vom Wiener Akademikerbund, der Initiative Soziales Österreich und der Organisation Pro Vita veranstaltet wurde, um auf die Gefahren des Gesetzesprojekts „Haß im Netz“ aufmerksam zu machen.

Die „Plattform Meinungs- & Redefreiheit“ hat eine Gesetzesbegutachtung des „Haß im Netz“-Projekts vorgenommen und die drohenden Folgen dieses Projektes analysiert. Es gilt, den Gesetzgeber doch noch von der Unsinnigkeit dieses Vorhabens zu überzeugen.

Von Relevanz weit über die Grenzen Österreichs hinaus: Offenbar soll ein Meinungs- und Bewußtseinsmonopol zur Absicherung demokratisch nicht legitimierter Großprojekte zur Gesellschaftstransformation etabliert werden. Die transnationale Agenda der Umwertung aller Werte und der Beseitigung aller Traditionen und Kulturfundamente macht es ganz offenbar notwendig, Kritiker mundtot zu machen und ein drakonisches Meinungs- und Bewußtseinsmonopol zu etablieren. Dazu dient u.a. eine seit Jahren stattfindende ständige Verschärfung des Meinungsstrafrechts und seiner ideologisch einseitigen Anwendung.

Im folgenden ein Transkript des Beitrages von Rechtsanwalt Dr. Alfons Adam:

Dr. Alfons Adam · Foto: The Christians / Wikimedia, PD

Wir haben uns vorgenommen, darüber zu informieren, wie es um das Grundrecht der Freiheit der Meinungsäußerung in unserem Land bestellt ist, und wir wollen damit unsere Befürchtung kommunizieren, dass die De-facto-Aushebelung dieses Grundrechtes geplant ist. Es geht um zwei Gesetzesentwürfe, nämlich das Bundesgesetz, mit dem straf- und medienrechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden, und das Bundesgesetz über Maßnahmen zum Schutz der Nutzer auf Kommunikationsplattformen. Aus grundsätzlichen Erwägungen sind diese Gesetze als Ganzes abzulehnen. Entgegen dem im Motivenbericht angegebenen Ziel der Stärkung der Meinungsfreiheit werden diese Gesetze nämlich das Gegenteil bewirken.

Seit vielen Jahren orientiert sich die Rechtsprechung zur Meinungsäußerungsfreiheit an einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 23. September 1991 (Nr. 6/1990/197/257 Fall Oberschlick gegen Österreich), die folgenden Wortlaut hat:

„Vorbehaltlich des Art 10 Abs. 2 MRK findet die Freiheit der Meinungsäußerung nicht nur auf „Informationen“ oder „Ideen“ Anwendung, die positiv aufgenommen oder als harmlos oder als indifferent angesehen werden, sondern auch auf solche, die verletzen, schockieren oder beunruhigen. Dies verlangen Pluralismus, Toleranz und Aufgeschlossenheit, ohne die es keine „demokratische Gesellschaft“ gibt. Art 10 MRK schützt nicht nur den Inhalt der geäußerten Ideen oder Informationen, sondern auch die Form, in der sie dargestellt werden. Die Grenzen zulässiger Kritik sind demgemäß in Bezug auf einen Politiker, der in seiner öffentlichen Funktion handelt, weiter als in Bezug auf eine Privatperson.“

Abgesehen von dem bekannten Anlassfall – ein Verfahren wegen Beschimpfung, welches Jörg Haider gegen Gerhard Oberschlick angestrengt hatte – ist dieser richtungsweisenden Entscheidung zu entnehmen, dass auch Äußerungen, die verletzen, schockieren oder beunruhigen, von der Meinungsfreiheit umfasst sind und dass es ohne Toleranz solchen Äußerungen gegenüber keine demokratische Gesellschaft gibt. In der Rechtsprechung der österreichischen Höchstgerichte ist zusätzlich noch davon die Rede, dass auch provokante Äußerungen zulässig sind. Dem widerspricht in grundlegender Weise die Hauptzielrichtung der beiden Gesetzesentwürfe, ein nicht definiertes und auch nicht definierbares Gefühl wie Hass als strafgesetzliches Tatbestandsmerkmal auszuweiten.

Wir alle wissen, dass es um die Freiheit der Meinungsäußerung nicht mehr gut bestellt ist, dass viele unserer Mitbürger Angst haben, sich frei von der Leber weg zu äußern. Das Instrument der Einschüchterung ist in erster Linie der sogenannte Verhetzungsparagraf. Dabei handelt es sich um Paragraf 283 Strafgesetzbuch. Hilfsweise weicht man auf Paragraf 188 Strafgesetzbuch über die Herabwürdigung religiöser Lehren aus. Der Verhetzungsparagraf enthält mehrere Abschnitte. Unter Strafe gestellt ist der Gewaltaufruf gegen Kirchen und Religionsgesellschaften und gegen eine Gruppe von Personen, die gekennzeichnet ist durch: Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Weltanschauung, Staatsangehörigkeit, Abstammung, Herkunft, Geschlecht, Behinderung, Alter, sexuelle Ausrichtung. Abgesehen davon, dass die Anwendung bereits jetzt häufig willkürlich erfolgt, gehört zu diesem Delikt auch die Aufstachelung zum Hass gegen eine der genannten Gruppen. Das war schon bisher höchst problematisch und hat in der Rechtsprechung zu Ergebnissen geführt, die haarsträubend sind und den offenbar erwünschten Effekt bringen, dass die Menschen von der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Meinungsäußerungsfreiheit kaum mehr Gebrauch machen.

Anders gesagt, die Freiheit der Meinungsäußerung gilt nur mehr für ein bestimmtes politisches Spektrum, dort aber sehr exzessiv. Ein Staat, in dem die Grundrechte nicht für alle Bürger gelten, ist natürlich keindemokratischer Rechtsstaat mehr.

Der Vollständigkeit halber noch kurz zum Delikt der Herabwürdigung religiöser Lehren. Dabei geht es um die öffentliche Verspottung einer Sache oder Person, die Gegenstand religiöser Verehrung ist. Tatsache ist, dass seit vielen Jahren diese beiden Strafdelikte totes Recht sind, wenn sich die Verhetzung oder Herabwürdigung gegen Christen richtet. Unterbunden wird vor allem jede Kritik am Islam. Es ist nämlich eine ganz entscheidende Änderung und Ergänzung des Verhetzungsparagrafen geplant. Diese Strafbestimmung soll nicht nur Anwendung finden, wenn gegen Gruppen von Personen zur Gewalt aufgerufen oder zum Hass angestachelt wird sondern auch dann, wenn dasselbe gegen eine Einzelperson wegen der Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe erfolgt.

Es ist wichtig zu verstehen, warum die Kriminalisierung von Hass aus rechtsstaatlicher Sicht eine Ungeheuerlichkeit ist.

Wenn Juristen das Recht anwenden, dann muss es einen Tatbestand geben, eine allgemeine Umschreibung in einem Gesetz oder in einer Verordnung, die dann auf den konkreten Fall – auf den sogenannten Sachverhalt – anzuwenden ist. Dazu ein Beispiel aus dem Strafrecht: Wegen Mordes wird jemand bestraft, der einen anderen tötet. Es muß also um ein äußeres nachweisbares Geschehen, um eine Handlung und nicht um ein Gefühl des Täters gehen. Ohne Tötung eines anderen kann man nicht von Mord sprechen.

Der für den Verhetzungstatbestand ganz wichtige Hass wird aber im Gesetz nicht definiert und ist auch im strafrechtlichen Sinn nicht definierbar. Wikipedia definiert Hass als ein intensives Gefühl der Abneigung und Feindseligkeit. Hass werde als Gegenpol zur Liebe betrachtet. Aufstachelung zum Hass ist derzeit schon nach Paragraf 283 Strafgesetzbuch strafbar und soll nach den geplanten Änderungen auch Einzelpersonen schützen. Demgegenüber soll die Äußerung einer Meinung, eine Information oder die Verbreitung einer Idee durch das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit gewährleistet und geschützt sein, selbst dann, wenn diese Äußerung verletzt, schockiert, beunruhigt oder provoziert.

Eine Interessenkollision gab es schon bisher und lässt sich auch nicht ausschließen, sodass die Gerichte im Einzelfall den Ausgleich finden müssen. Tatsächlich ist mir eine Reihe von Entscheidungen bekannt, wo die Gerichte willkürlich und sachlich nicht nachvollziehbar, also parteilich entschieden haben. Ganz krass sind jene Fälle, in denen der Täter nichts anderes getan als nachweislich wahre Informationen weitergegeben hat. Bekanntlich kann die Wahrheit am meisten weh tun, sodass eine solche Information für die Betroffenen verletzend oder schockierend sein kann. Die Verbreitung einer wahren Information kann also in der Öffentlichkeit das intensive Gefühl der Abneigung und Feindseligkeit auslösen, also zu Hass aufstacheln. Hass als strafrechtliches Tatbestandsmerkmal ist also sozusagen das beste Mittel, die Meinungsäußerungsfreiheit aufzuheben.

Die Tendenz, die Information über wahre Begebenheiten und Ereignisse noch mehr zu unterdrücken, wird nun durch die angebliche Bekämpfung von Hass im Netz noch deutlich verstärkt. Wenn sich nämlich eine Äußerung gegen eine Gruppe von Menschen richtet, läge es in der Natur der Sache, einen objektiven Maßstab anzuwenden, ob etwa die Verbreitung einer Idee, mag sie auch verletzend oder schockierend sein, wegen unseres Grundrechtes noch zulässig sein soll. Wenn aber auf die Befindlichkeit einer Einzelperson abgestellt wird, dann tun sich die ohnehin schon parteipolitisch eingefärbten Gerichte noch viel leichter, unter Anwendung des Verhetzungsparagrafen die Freiheit der Meinungsäußerung zu unterdrücken.

Unter diesem Aspekt betrachtet ist es erschütternd, wie durch die vorliegenden Gesetzesentwürfe diese Tendenz verstärkt bzw. rechtlich abgesegnet wird. Es soll nämlich der Paragraf 107c Strafgesetzbuch unter der Überschrift fortdauernde Belästigung „im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems“ die Verletzung der Ehre einer Person in die Strafbarkeit miteinschließen. Über die Neufassung von Paragraf 283 Strafgesetzbuch habe ich bereits gesprochen. In der Strafprozessordnung ist die Einfügung eines Paragrafen 66b unter dem Titel Prozessbegleitung geplant, und zwar für Opfer von übler Nachrede, Beleidigung, Verleumdung, fortdauernder Belästigung, für die Opfer nach dem neu formulierten bereits erwähnten Paragraf 107c Strafgesetzbuch und für die Opfer von Verhetzung. Alle diese Opfer können nun nach einer Änderung des Paragrafen 71 Strafprozessordnung den Antrag auf Anordnung von Ermittlungsverfahren (also Z.B. Hausdurchsuchung) stellen, und zwar zur Ausforschung des Beschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen, und das ohne jedes Kostenrisiko, weil auch die Paragrafen 390 und 390a Strafprozessordnung entsprechend geändert werden sollen.

Es tun sich bisher ungeahnte Möglichkeiten auf. In Zukunft kann jede für die Mächtigen unerwünschte Kritik mithilfe des Strafgerichtes unterbunden werden. Jeder einzelne Moslem kann zum Beispiel als Opfer von Verhetzung oder als in seiner Ehre gekränkter die wahrheitsgemäße Darstellung eines Glaubensinhaltes des Islam mithilfe des Gerichtes ohne Kostenrisiko verfolgen und damit jede Kritik unterbinden. Ähnliches könnte auch Kritikern der Corona-Maßnahmen blühen.

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