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György Matolcsy · Foto: Facebook

Die ungarischen Parlamentswahlen 2022 handeln in Wirklichkeit davon, ob die EU Ungarn kurzfristig in die Eurozone eingliedern kann. Diese steile These formulierte Notenbankpräsident György Matolcsy in einem aktuellen Meinungsbeitrag für die regierungsnahe Tageszeitung „Magyar Nemzet“. Der Artikel unter dem bezeichnenden Titel „Die Falle Euro“ reiht sich nahtlos ein in eine Reihe von Publikationen des MNB-Chefs, in denen er die Vorteile einer unabhängigen Geldpolitik herausstellt.
 

Ungarn werde seine Modernisierung nur außerhalb der Eurozone fortführen können, ist Matolcsy überzeugt. Diese Schlussfolgerung leitet er aus den ersten 20 Jahren der Gemeinschaftswährung ab. Nach Studien hätten mit dem Euro einzig Deutschland und die Niederlande gewonnen, die der für sie schwache Euro aber bequem machte, was letztlich zu Lasten ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit geht. Italien und Frankreich hätten derweil tausende Milliarden Euro verloren, weil der Euro für sie zu stark war.

Die Slowakei mochte lange Zeit als Erfolgsgeschichte des Euro in Osteuropa herhalten, doch auch sie hat im vergangenen Jahrzehnt gegenüber dem EU-Durchschnitt an Boden verloren. Umgekehrt hätten Polen, Tschechien und Ungarn viel gewonnen, die nicht den Weg der Slowakei und Sloweniens gingen. Rumänien könnte ein weiterer Gewinner des Sonderwegs werden, schreibt Matolcsy. Am deutlichsten zeichne sich dieser Effekt für die Visegrád-Staaten (V4) daran ab, dass sie als großer Handelspartner Deutschlands die Südeuropäer (Portugal, Spanien, Italien und Griechenland) und sogar noch Frankreich ablösen konnten.

„Heute können sich die V4 als Wachstumsmotor der EU profilieren, weil sie sich mehr Spielraum über eine eigenständige Wirtschafts- und Geldpolitik bewahrt haben“, resümiert der Notenbankpräsident. Ein Sieg der Opposition im Frühjahr 2022 würde deshalb eine dramatische Wende und wirtschaftliche Katastrophe für Ungarn bedeuten.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der PDF-Ausgabe der BUDAPESTER ZEITUNG vom 29. 6. 2021, unserem Partner in der EUROPÄISCHEN MEDIENKOOPERATION.


4 Gedanken zu „Ungarns Notenbankpräsident: Nein zum Euro“
  1. “Wenn die Menschen unser Geldsystem verstehen würden – wir hätten eine Revolution noch vor morgen Früh”! Henry Ford um 1920 .
    Und das ist heute noch so …

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  2. In Sachen Euro bzw. Geldwesen fehlt dem Normalbürger der Durchblick. Es ist daher wichtig, dass es Stimmen gibt, die wichtige Aspekte thematisieren. Ein Aspekt ist die Stärke oder Schwäche einer Währung. Die Deutsche Mark war eine starke Währung und die Gelddruckerei à la EZB hätte es mit ihr nicht gegeben, Eine starke Währung hat Nachteile für den Export. Diese Nachteile können nur durch verstärkte Anstrengungen ausgeglichen werden. Wegen der starken DM musste Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit dauerhaft verbessern. Wie stark eine Währung sein soll, sollte ein Staat selbst entscheiden können, da die Bedingungen für die Stärke oder Schwäche einer Währung im Staat verankert sind (Steuern, Bürokratie, Einfluss des Staates etc.). Den Polen kann man nur raten, in Sachen Währung selbständig zu bleiben. Für Deutschland kommt ein Austritt aus dem Euro – der nur mit einem Austritt aus der EU möglich wäre – schon wegen der hohen Targetsalden, die zu hohen Einnahmeausfällen für den Staatshaushalt führen würde, nicht in Frage. Deutschland ist im Euro gefangen und ist gegen die Maßnahmen der EZB machtlos.

  3. Die gute Bildungspolitik Ungarns und das hervorragende Abschneiden ungarischer Studenten in weltweiten Bildungsvergleichen bringt es mit sich, dass wir kluge Menschen wie den ungarischen Notenbankpräsidenten haben.

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