Richter in Cum-Ex-Verfahren gegen Olearius für befangen erklärt

Im Cum-Ex-Verfahren gegen den Mitgesellschafter der Hamburger Warburg Bank, Christian Olearius, muss der Vorsitzende Richter nach einem Befangenheitsantrag der Verteidigung seinen Platz räumen. Die 13. Große Strafkammer des Landgerichts Bonn sei zu dem Ergebnis gekommen, dass ein von der Verteidigung im derzeit anhängigen Zwischenverfahren eingebrachter Befangenheitsantrag begründet sei, so eine Gerichtssprecherin.

Streit um Unterlagen aus Parallelverfahren

Die Gerichtssprecherin in Bonn erklärte den Hintergrund der Befangenheitsentscheidung so: In den Dokumenten, die der Vereidigung zur Akteneinsicht gegeben wurden, hätten sich auch nicht aktenkundig gemachte Unterlagen gefunden, die in einem Parallelverfahren für den internen Gebrauch erstellt worden seien. Die Verteidiger von Olearius berichteten, der Vorsitzende Richter habe sich zur Vorbereitung der Entscheidung über die Zulassung der Anklage heimlich Unterlagen und richterliche Mitschriften aus einem Cum-Ex-Parallelverfahren vor der 12. Strafkammer beschafft oder beschaffen lassen, die er dem Angeschuldigten und seinen Verteidigern, aber auch den anderen Mitrichtern vorenthalten habe. Bei der Entscheidung über ein Befangenheitsgesuch kommt es nicht auf die Frage an, ob der abgelehnte Richter tatsächlich befangen ist oder war. Es genügt eine angesichts der konkreten Umstände verständliche Besorgnis der Voreingenommenheit beim Angeklagten.

Zwischenverfahren mit neuer Vorsitzenden

Gegen Olearius wird im Zusammenhang mit "Cum-Ex"-Geschäften der Hamburger Privatbank seit Jahren ermittelt. Er hat die Vorwürfe stets bestritten. Im vergangenen Jahr war durch Medienberichte bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Köln Anklage beim LG Bonn erhebt. Über die Zulassung der Anklage wird zurzeit in dem Zwischenverfahren vor dem LG Bonn verhandelt. Das Zwischenverfahren soll nun unter dem Vorsitz der Vorsitzenden Richterin Marion Slota-Haaf fortgesetzt werden. Die Kammer werde trotz der Panne zeitnah über eine Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden, hieß es in Bonn.

Steuerschaden in Millionenhöhe

Bei Cum-Ex-Geschäften nutzten Investoren eine Schwäche bei der Abwicklung der Steuerzahlung, um den deutschen Staat über Jahre hinweg um Geld zu prellen. Rund um den Dividendenstichtag schoben mehrere Beteiligte Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch hin und her. In der Folge erstatteten Finanzämter Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Dem Staat entstand so ein Milliardenschaden.

Redaktion beck-aktuell, 24. Februar 2023 (dpa).