zum Hauptinhalt
Bundeskanzler Olaf Scholz (l., SPD), im Gespräch mit Wolfgang Schmidt (SPD), Kanzleramtsminister.

© dpa/Michael Kappeler

Exklusiv

Heimliche Einflussnahme: Scholz’ „Spin-Doktor“ schuldet Erklärungen

Ein Gerichtsbeschluss verlangt Aufklärung, ob das Kanzleramt an Medienberichten zur „Cum Ex“-Affäre mitwirkt. Gefragt sind vor allem Kenntnisse des Chefs.

Das Bundeskanzleramt muss nach einem Beschluss des Berliner Verwaltungsgerichts Transparenz darüber herstellen, ob Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) in der „Cum Ex“-Affäre auf die Berichterstattung von Medien eingewirkt hat. Dabei geht es sowohl um Einflussnahme als heimlicher Informant wie um Versuche, den Investigativjournalisten Oliver Schröm als unglaubwürdig erscheinen zu lassen.

Schröm hat mit seinen Recherchen zur Diskussion um die Steueraffäre und die Rolle des heutigen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) in dessen früherer Funktion als Hamburger Bürgermeister maßgeblich beigetragen. Er wirft Kanzleramtschef Schmidt vor, ihn deswegen gegenüber Medien diffamiert zu haben. Auskünfte oder Stellungnahmen dazu hat das Bundeskanzleramt bisher verweigert.

Schmidt gilt als Vertrauter von Scholz und als sein „Spin-Doktor“, der enge Journalistenkontakte pflegt, um den Kanzler in ein gutes Licht zu rücken. Auf einen Eilantrag des Tagesspiegels hat das Gericht die Regierung nun zu Auskünften in sieben von neun Punkten verpflichtet (Az.: VG 27 L 379/22). Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig, für eine Beschwerde ist das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zuständig.

Zudem geht es bei dem Thema um eine mögliche Einflussnahme des Staates, und zwar eines amtierenden Mitglieds der Bundesregierung, auf Berichterstattung von Medien.

Auszug aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts

Unter anderem soll das Kanzleramt mitteilen, ob Schmidt in einem vertraulichen Hintergrundgespräch mit einem Journalisten Informationen erteilte, die er in seiner vorangegangenen Funktion als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium erhalten hatte. Und ob Schmidt dabei verlangte, als Informant ungenannt zu bleiben.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Es geht um dienstliches Wissen, betont das Gericht

Darüber hinaus soll das Bundeskanzleramt erklären, ob der Kanzleramtschef zu Chefredakteuren Kontakt gesucht hat, um Schröms Enthüllungen zur Steuer-Affäre in Zweifel zu ziehen. Nach Informationen des Tagesspiegels soll Schmidt sich zu diesem Zweck direkt an den Norddeutschen Rundfunk (NDR) in Hamburg gewandt haben. Auch darüber soll das Kanzleramt jetzt Auskunft geben.

Der Beschluss ist auf Grundlage des presserechtlichen Auskunftsanspruchs ergangen, der bloße Kenntnisse von Behördenmitarbeitern mit umfasst. Die gestellten Fragen zielten auf Schmidts Dienstausübung: „Es ist davon auszugehen, dass der Chef des Bundeskanzleramts dieses Wissen im Rahmen seiner Tätigkeit für das Bundeskanzleramt dienstlich erlangt hat“, heißt es im Beschluss.

Eine Beeinträchtigung der Rechte von Journalisten, die mit Schmidt in Kontakt standen, konnte das Gericht mit Bezug auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht erkennen. Der vertrauliche Charakter von solchen Hintergrundgesprächen schließe den Auskunftsanspruch nicht aus, hieß es. Die Gefahr einer Aufdeckung fremder Recherchen sei nicht gegeben.

Scholz wird vorgeworfen, er habe als Hamburger Bürgermeister die Finanzbehörde dazu bewegt, auf eine Millionen-Steuerrückforderung wegen krimineller „Cum Ex“-Aktiengeschäfte der Warburg-Bank zu verzichten. Scholz bestreitet das.

Das Bundeskanzleramt hatte sich im Prozess vor dem Verwaltungsgericht damit verteidigt, es sei für die Auskünfte gar nicht zuständig – es gehe schließlich um Vorgänge der Hamburger Behörden.

Dem widersprach das Gericht. Zugleich machte es deutlich, dass es – anders als das Bundeskanzleramt – einen Eilbedarf sieht, weshalb ein langwieriges Hauptsacheverfahren nicht zumutbar sei. Schließlich gehe es um eine „mögliche Einflussnahme des Staates, und zwar eines amtierenden Mitglieds der Bundesregierung, auf Berichterstattung von Medien, die deren für die öffentliche Meinungsbildung in der Demokratie hoch bedeutsame Vermittlungs- und Kontrollfunktionen, zu denen unter anderem Machtkritik gehört, beeinträchtigen könnte“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false