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Mathias Döpfner auf dem Digitalkongress #beBETA vom Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV).

© picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

60 Millionen Euro Kredit: Warburg Bank finanzierte Döpfners Springer-Einstieg – gab es dafür freundliche Berichterstattung?

Zu Beginn seiner Tätigkeit bei Springer nutzte Mathias Döpfner Millionenkredite der Warburg Bank. Diese könnte einem Medienbericht zufolge nach der Cum-ex-Affäre von der Beziehung profitiert haben.

Von Leah Nowak

Seinen Aufstieg zum wichtigsten Mitinhaber des Springer-Konzerns verdankt Mathias Döpfner offenbar zu großen Teilen einem inzwischen berüchtigten Bankier.

Wie der „Stern“ berichtet, soll sich Döpfner das Kapital für seinen Einstieg als Anteilseigner bei Springer im Sommer 2006 bei Christian Olearius besorgt haben, damals Partner und Mitinhaber der über 200 Jahre alten Hamburger Privatbank M.M. Warburg & Co. Die Bank war zehn Jahre später wegen der Teilnahme an den Cum-ex-Geschäften unter Druck geraten.

Die für Döpfner wichtige Geschäftsbeziehung habe im Juni 2006 in Hamburg begonnen, schreibt der „Stern“. Damals habe Döpfner bei Olearius vorgesprochen. Friede Springer hatte ihm zuvor angeboten, Aktienanteile von ihr zu übernehmen. Döpfner brauchte dafür rund 60 Millionen Euro, obwohl Friede Springer ihm einen Rabatt von rund 25 Prozent auf den damaligen Aktienkurs gewähren wollte.

Döpfner selbst habe Olearius als Sicherheit lediglich die Aktien bieten können, schreibt der „Stern“. Trotz deren schwankenden Werts habe Olearius den Kredit genehmigt. In seinen persönlichen Aufzeichnungen habe er festgehalten: Es sei ein großer Kredit, aber er könnte die Bank an den Springer-Verlag heranführen – mit allen Möglichkeiten.

Erst im Juli 2006 wurde Döpfners Geschäftsabschluss und sein Rollenwechsel vom Manager zum Verleger und Miteigentümer öffentlich. Die Konditionen des Kredits seien „marktüblich“ gewesen, schreibt der „Stern“ unter Berufung auf das Umfeld von Olearius; demnach hätte Döpfner etwa 4,5 Prozent Zinsen pro Jahr zahlen müssen.

Nahm Döpfner auf die Berichterstattung zu Cum-ex Einfluss?

Laut dem Bericht des „Stern“ hat sich bereits im darauffolgenden Jahr gezeigt, dass der Kredit durchaus risikobehaftet war. Damals ging der Postdienstleister Pin pleite, für den Springer unter Döpfners Führung mehr als eine halbe Milliarde Euro bezahlt hatte, der Aktienkurs von Springer geriet unter Druck und damit auch Döpfners Sicherheit für den Kredit. Olearius notierte die Pleite in sein Tagebuch, hielt aber an der Beziehung zu Döpfner fest.

Dies soll Olearius letztlich zugutegekommen sein. Im Jahr 2016 und 2017 geriet seine Bank wegen der Verwicklung in die Cum-ex-Geschäfte unter Druck. Der Warburg Bank wurde die Pflicht zur Rückzahlung von bis zu 90 Millionen Euro an Steuern auferlegt. Um den guten Ruf seiner Bank wiederherzustellen, habe Olearius sich sodann vorgenommen, „Dr. Döpfner“ um Rat zu bitten.

Ohne die Geschäftsbeziehungen zwischen Döpfner und Olearius offenzulegen, erschien Anfang 2018 in der „Welt am Sonntag“, die ebenfalls zum Springer-Verlag gehört, ein ausführliches Interview, in dem Olearius umfassend Stellung zu den Geschehnissen nehmen und den Raum für Rechtfertigungen nutzen konnte. Auch die „Bild“-Zeitung titelte mit „Das soll ein Skandal sein?“ und begleitete die „vermeintliche“ Cum-ex-Affäre bis zuletzt eher wohlwollend.

Die zentrale Frage dabei: Nahm Döpfner auf die Berichterstattung Einfluss? Wie Chatnachrichten von ihm zeigen, versuchte er das bei der „Bild“-Zeitung während der Corona-Pandemie und im Bundestagswahlkampf 2021 zugunsten der FDP.

Ein Sprecher des Springer-Konzerns verneint eine Einflussnahme Döpfners auf die Berichterstattung der „Bild“ und der „Welt“, berichtet der „Stern“.

„Die publizistische Freiheit der Redaktionen steht für unser Haus über allem – auch und gerade für Mathias Döpfner.“ Über das „Welt“-Interview hätten allein die Redaktionen entschieden, ohne Einbeziehung von Mathias Döpfner, heißt es aus der Springer-Presseabteilung. Die Warburg Bank antwortete nicht auf Anfragen des „Stern“.

Chat-Affäre

Döpfner war nach der Veröffentlichung konzerninterner, kompromittierender Chatnachrichten in die Kritik geraten. In einem am Samstagabend auf der „Bild“-Webseite veröffentlichten Beitrag „in eigener Sache“ schrieb der Medienhaus-Chef: „Ich bitte um Entschuldigung dafür, dass ich mit meinen Worten viele gekränkt, verunsichert oder verletzt habe.“ Der Beitrag erschien auch in der „Bild am Sonntag“.

„Die Zeit“ hatte am vergangenen Donnerstag über die Nachrichten berichtet, die bei Springer verschickt worden sein sollen. Dabei handele sich um zahlreiche E-Mails und Chatnachrichten aus dem engsten Führungskreis des Medienkonzerns.

Darin soll Döpfner sich unter anderem abfällig über Ostdeutsche geäußert und die ehemalige Bundeskanzlerin, Angela Merkel, kritisiert haben.

Was jetzt?

Stellt sich die Frage, wie es mit dem Springer-Chef weitergeht. Einen Rauswurf durch KKR halten Insider laut einem „Spiegel“-Bericht für unwahrscheinlich. Die Gesellschaft sei selbst bei dem Missbrauchsskandal um den ehemaligen Chefredakteur der „Bild“, Julian Reichelt, größtenteils tatenlos geblieben.

Der Fokus von KKR liege auf Unternehmenszahlen, so der Bericht. Zudem gehörten Döpfner 22 Prozent der Springer-Aktien – selbst bei einem Rauswurf bliebe er demnach Gesellschafter des Medienhauses.

Dass Döpfner das Springer-Haus von sich aus verlassen könnte, halten Eingeweihte laut „Spiegel“ ebenfalls für unwahrscheinlich. Zwar gehe die aktuelle Situation sicher nicht spurlos an ihm vorüber. Döpfner sei deutlich angeschlagen, heißt es aus engen Kreisen.

Hinzu komme der „Verrat“ seines einstigen Kumpans Benjamin von Stuckrad-Barre. Der Schriftsteller veröffentlicht an diesem Mittwoch sein neues Buch „Noch wach?“, welches sich der #metoo-Debatte widmet. Laut „Spiegel“ wird das Werk, das als Springer-Schlüsselroman gewertet wird, im Haus mit hoher Anspannung erwartet.

Der Strapazen zum Trotz würde ein Rücktritt Döpfners nicht zu dessen Kampfgeist passen, zitiert der „Spiegel“ Stimmen der Kollegenschaft. Dafür sei Döpfner schlichtweg zu eitel.

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